Verlag Artemis & Winkler, Düsseldorf 2002
Ein Buch nicht nur über die Brüder Wright, sondern auch über den unglaublichen Vorgang, wie die Menschen es schafften, sich den Luftraum zu erobern - und zwar so, dass sie sich darin sicher bewegen konnten. Da kam Otto Lilienthal am weitesten, aber die entscheidenden Erkenntnisse machten erst zwei Fahrradmechaniker aus den USA.
Der WDR hat so darüber berichtet:
Besprechungen
"Andreas Venzke reduziert, etwas kurz gegriffen, ihre Motivation auf ein pietistisches Arbeitsethos à la Max Weber und aufs ökonomische Kalkül. Die Möglichkeit ’to make a fortune’ mag mitgeschwungen haben in ihren Flugexperimenten, die Wrights waren schließlich Kaufleute und wirtschaftliches Denken Teil ihrer asketischen Lebenseinstellung. [...]Venzke versteht es, die enormen technischen Schwierigkeiten, die die Wright-Brüder bei der Konstruktion ihres Fluggerätes zu bewältigen hatten, auch für Laien verständlich zu erläutern. [...] Leider gerät der Autor zuweilen ins Moralisieren. Die Brüder Wright waren trotz ihrer asketischen Gläubigkeit keine Pazifisten. Natürlich wurden Flugzeuge seit dem Ersten Weltkrieg auch zu todbringenden, bombenbeladenen Waffen, die unschuldige Zivilisten töten und Städte, ja ganze Regionen verwüsten. Natürlich hat die Mobilität auch ihre Schreckensseiten, Technik eine Zwiegesichtigkeit. Dies ist bekannt und es ist ein anderes Thema - für ein anderes Buch."
Monika Thees
Die Berliner Literaturkritik
"Ein Sachbuch, das sich spannend wie ein Roman liest und das einerseits eine Biografie der Gebrüder Wright, andererseits, durch viele historische Aufnahmen illustriert, eine Dokumentation der Anfänge des Fliegens ist."
Josef Schnurrer
Borromäusverein Bonn
"Kenntnisreich und spannend erzählt der Autor die aufreibende Geschichte der Wrights und ihrer bahnbrechenden Erfindungen, schildert die dramatischen Wettkämpfe zwischen den Flugpionieren in Europa und den Vereinigten Staaten und reflektiert kritisch die Folgen."
KVS-Mitteilungen, Kassenärztliche Vereinigung Sachsen
„Besonders lesenswert [...]“
Süddeutsche Zeitung
„[...] erzählt Andreas Venzke eine spannende und lebendig gestaltete Biografie der beiden Tüftler.“
historyNET
„So überraschend das klingt: die vorliegende Monographie füllt eine Lücke. Literatur, die sich intensiv und ausschließlich mit den „Pionieren des Himmels, den Brüdern Wright beschäftigt, ist dünn gesät. [...] eine kenntnis- und faktenreiche Biografie [...] der Schwerpunkt liegt auf dem sachkundig und durchaus spannend gestalteten Text.“
Edgar Schichtl
ekz-Informationsdienst
„Venzke betrachtet die Bebrüder Wight kritisch, vor allem ihr militärisches Engagement: Sie hätten den Traum vom Fliegen verraten.“
VDI nachrichten
„Die Gebrüder Wright erscheinen in Venzkes Buch nicht als strahlende Helden der Lüfte, sondern als zwei kühle bis unterkühlte Geschäftsmänner [...] Venzke trägt eine Vielzahl technischer Details sorgfältig und auch für den Laien verständlich zusammen. Man versteht, warum die Wrights zwischen 1899 und 1903 im Alleingang meisterten, was weniger analytische Köpfe in 100 Jahren nicht erfunden hätten. [...] So erzählt das Buch anregend die Entwicklung des Motorflugs bis zum militärischen Sündenfall im Ersten Weltkrieg.“
Thomas Neubacher-Riens
Frankfurter Neue Presse
Leseprobe
1. Der Beginn: Ballone und Flugmaschinen
Der Traum vom Fliegen — ein Ausdruck, der heute, nach einem Jahrhundert Flugerfahrung, zur Phrase geworden ist. "Wie rasch hat das Fliegen, dieser uralte, kostbare Traum, jeden Reiz, jeden Sinn, seine Seele verloren. So erfüllen sich die Träume, einer nach dem andern, zu Tode. Kannst du einen neuen Traum haben?", fragte noch 1973 Elias Canetti. Der Traum vom Fliegen ist zur Banalität verkommen, einerseits.
Mallorca wird in jedem Jahr von über sieben Millionen Touristen besucht, von denen fast alle mit dem Flugzeug anreisen. Für sie ist der Traum jährlich aufs Neue für ein paar Hundert Euro inklusive plastikverschweißtem Fließbandessen zu haben. Vom Traum bleiben einige Sätze darüber, wie man beim Start in die Sitze gedrückt werde. So wird heute geflogen, also mitgeflogen! Und bezeichnenderweise wird bei der Landung noch immer geklatscht, als hätte der Pilot ein Bravourstück vollbracht und nicht die exakten Vorgaben einer computergesteuerten Flugleitzentrale befolgt.
Andererseits fliegen weiterhin diejenigen, die aus der Luft mittlerweile "humanitäre Kriegsführung" betreiben — der Albtraum vom Fliegen. Ist es da nicht bezeichnend, wie schon die Brüder Wright ihre Erfindung, als sie 1905 ausgereift war, anpriesen: "Wir haben die letzten Jahre vollständig damit verbracht, unsern Flieger zu vollenden, und wir haben wenig darüber nachgedacht, was wir damit machen würden, wenn er fertig wäre. Aber unsere jetzige Absicht ist, ihn zuerst den Regierungen zu Kriegszwecken anzubieten." Die Wrights hätten sich wohl nie träumen lassen, wie dann ihre Erfindung, ihre Patente darauf, von der Entwicklung überrollt werden sollte. Welche Erfindung ließe sich anführen, die schneller perfektioniert worden wäre und die das Weltgeschehen in den letzten einhundert Jahren stärker verändert hätte, als die des Flugzeugs?
Und doch lebt der Traum vom Fliegen fort, und zwar ganz im Sinn eines sozialdemokratisch gesinnten Ingenieurs aus der Provinz, nämlich Otto Lilienthals; der konnte ihn immer nur kurz Wirklichkeit werden lassen und schwärmte doch immer wieder davon. Er schrieb etwa von der "besonnenen Ruhe, während das unbegreiflich schöne und sanfte Dahingleiten über die weit ausgedehnten sonnigen Berghänge den Eifer bei jedem Sprunge von Neuem anfacht".
Um in diesen Genuss zu kommen braucht man seit Ende der 1980er Jahre nur noch einen besonders gefüllten Rucksack. So weit ist der Gleitschirm entwickelt worden, dass dieses Fluggerät heute mit einem Gewicht von höchstens 20 Kilogramm auskommt, inklusive Rettungsschirm. Und tatsächlich lässt sich damit, Thermik vorausgesetzt, stundenlang fliegen. Da ist er also verwirklicht, der Traum vom Fliegen.
Doch wer wird heute Gleitschirmflieger? Wer sucht diesen Genuss? In Deutschland sind über 3.000.000 Motorräder zugelassen und es sind darunter wahrlich ’Geschosse auf Rädern’. Dagegen sind nicht mehr als 22.000 Pilotenscheine für Gleitschirmflieger ausgestellt. Fragt man, warum nur so wenige diese Gelegenheit nutzen, geht die Antwort meist dahin, dass einem eine solche Technik nicht geheuer erscheine, dass es wenig Vertrauen erweckend aussehe, sich ein paar Schnüren und einem Stück Stoff zu überlassen und so weiter. So antworten auch die Motorradfahrer, die sich in der Kurve darauf verlassen, dass die Fahrbahn frei von Dreck, Laub und Öl ist. Jedes Jahr verunglücken in Deutschland fast 1.000 Motorradfahrer tödlich, in Relation nicht weniger als beim Gleitschirmfliegen, wo inzwischen jedes Jahr etwa 10 Personen einen Absturz mit dem Leben bezahlen, mit weiter sinkender Tendenz.
Der Traum vom Fliegen? Hundert Jahre nach den Brüdern Wright kann ihn fast jeder Wirklichkeit werden lassen. Doch gilt noch immer das Motto: Bleib am Boden! War also der Traum vom Fliegen je einer?
Ergriffen davon waren diejenigen, die das Wagnis eines Flugversuchs eingingen. Schon Ikarus, als er plötzlich "beginnt, sich des kühnes Fluges zu freuen", verlor sich entgegen der Warnung des Vaters "im Drang, sich zum Himmel zu heben".
Und auch die ersten Berichte derjenigen Menschen, die tatsächlich flogen, künden von himmlischen Gefühlen, wobei es durchaus ein eigenes Thema ist, was man überhaupt unter ’Fliegen’ zu verstehen habe.
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